Kann der Arbeitgeber eine Krankmeldung anzweifeln?

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Arbeitgeber haben das Recht, die Arbeitsunfähigkeit ihrer Mitarbeiter zu überprüfen. Ein ärztliches Attest ist ab dem vierten Krankheitstag Pflicht, jedoch kann der Arbeitgeber bereits früher einen Nachweis verlangen. Misstrauen begründet jedoch kein automatisches Anfechtungsrecht. Die Beweispflicht liegt beim Arbeitnehmer.

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Zweifel am Krankenschein: Was Arbeitgeber dürfen und was nicht

Krankmeldungen sind ein sensibles Thema im Arbeitsverhältnis. Arbeitgeber haben ein berechtigtes Interesse daran, dass ihre Mitarbeiter ihre Arbeitsleistung erbringen. Gleichzeitig haben Arbeitnehmer das Recht, bei Krankheit der Arbeit fernzubleiben. Wo liegen die Grenzen des Misstrauens und welche Rechte hat der Arbeitgeber, eine Krankmeldung anzuzweifeln?

Die Pflicht zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) besteht grundsätzlich ab dem vierten Krankheitstag. Der Arbeitgeber kann jedoch auch vorher einen Nachweis verlangen, insbesondere wenn in der Vergangenheit häufige Kurzerkrankungen aufgetreten sind oder ein besonderer betrieblicher Anlass besteht (z.B. ein wichtiges Projekt). Ein pauschales Misstrauen oder ein “ungutes Gefühl” rechtfertigen diese Forderung jedoch nicht.

Der bloße Zweifel des Arbeitgebers an der Richtigkeit der AU begründet kein automatisches Anfechtungsrecht. Der Arbeitgeber muss konkrete Anhaltspunkte für eine vorgetäuschte Erkrankung vorbringen. Beispiele hierfür können sein:

  • Widersprüchliche Angaben des Arbeitnehmers: Der Mitarbeiter gibt beispielsweise an, bettlägerig zu sein, wird aber beim Sport gesehen.
  • Öffentliche Äußerungen: Der krankgeschriebene Mitarbeiter postet Bilder von Freizeitaktivitäten in sozialen Medien, die mit der angegebenen Erkrankung nicht vereinbar sind.
  • Hinweise von Dritten: Zeugen berichten, den Arbeitnehmer bei Aktivitäten gesehen zu haben, die eine Arbeitsunfähigkeit unwahrscheinlich erscheinen lassen.

Wichtig ist: Die Beweislast für die Arbeitsunfähigkeit liegt beim Arbeitnehmer. Kann der Arbeitgeber berechtigte Zweifel an der AU begründen, kann er die Krankenkasse einschalten und eine Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) veranlassen. Der MDK prüft dann die medizinische Begründung der Arbeitsunfähigkeit.

Bestätigt der MDK die Arbeitsunfähigkeit, muss der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung leisten. Stellt der MDK jedoch fest, dass keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, entfällt die Lohnfortzahlungspflicht rückwirkend. In schwerwiegenden Fällen kann eine vorgetäuschte Erkrankung sogar eine Abmahnung oder Kündigung rechtfertigen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Arbeitgeber dürfen Krankmeldungen hinterfragen, benötigen dafür aber konkrete Anhaltspunkte. Ein bloßes Misstrauen reicht nicht aus. Arbeitnehmer sind im Zweifelsfall verpflichtet, ihre Arbeitsunfähigkeit zu belegen. Eine offene Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann dazu beitragen, Missverständnisse zu vermeiden und ein vertrauensvolles Arbeitsverhältnis zu erhalten.