Ist ein ärztliches Attest eine Urkunde?

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Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung fungiert als wichtige Urkunde. Sie belegt gegenüber Arbeitgebern und Krankenkassen, dass ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeitsfähig ist. Damit legitimiert sie den Anspruch auf Lohnfortzahlung oder Krankengeld und dient als Nachweis für die tatsächliche Erkrankung während des angegebenen Zeitraums.

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Ärztliches Attest: Urkunde, Nachweis oder bloßes Formular? Eine juristische Betrachtung

Die Frage, ob ein ärztliches Attest, insbesondere die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), eine Urkunde im juristischen Sinne darstellt, ist komplexer als es auf den ersten Blick erscheint. Die pauschale Antwort „ja“ greift zu kurz, denn die juristische Definition von „Urkunde“ erfordert ein genaueres Hinsehen.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird ein Attest oft synonym mit „Urkunde“ verwendet. Die oben genannte Passage trifft diesbezüglich zwar eine treffende Aussage bezüglich der Funktion der AU – sie dient als Nachweis der Arbeitsunfähigkeit und legitimiert Ansprüche – aber sie definiert das Attest nicht juristisch korrekt.

Eine Urkunde im Sinne des § 146 BGB ist eine Schriftstück, das zum Beweis des in ihr ausgedrückten Inhalts bestimmt ist und dessen Echtheit durch eine eigenhändige Unterschrift oder ein Siegel beglaubigt wird. Ein ärztliches Attest erfüllt diese Kriterien in der Regel. Die Unterschrift des Arztes bestätigt dessen Echtheit und die Aussagekraft des Inhalts. Die AU dokumentiert die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, welche den Anspruch auf Lohnfortzahlung oder Krankengeld begründet. Insofern erfüllt sie die Funktion einer Beweisurkunde.

Allerdings ist zu beachten, dass nicht jedes ärztliche Attest gleichermaßen den strengen Anforderungen einer Urkunde im Sinne des BGB entspricht. Ein einfacher handschriftlicher Vermerk auf einem Notizzettel, selbst unterschrieben, hat deutlich weniger Beweiswert als eine amtlich gedruckte AU-Bescheinigung mit amtlichem Formular und den erforderlichen Angaben. Die Formalien, wie z.B. die eindeutige Identifizierung des Patienten und des Arztes, die Diagnose und der Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit, sind entscheidend für den Beweiswert. Ein unvollständiges oder fehlerhaftes Attest kann seine Funktion als Beweismittel einschränken.

Zusätzlich zur Beweisfunktion im Zivilrecht spielt die AU auch eine wichtige Rolle im Verwaltungsrecht (im Verhältnis zum Arbeitgeber und der Krankenkasse) und im Strafrecht (z.B. bei Betrugsdelikten im Zusammenhang mit Krankmeldungen). Hier wird der Beweiswert durch die konkreten Umstände des jeweiligen Falls beurteilt.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein ärztliches Attest, insbesondere eine korrekt ausgefüllte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, hat den Charakter einer Urkunde, da es einen Beweis für den darin enthaltenen Sachverhalt liefern soll. Die juristische Einordnung als „Urkunde“ hängt jedoch von der Form und dem Inhalt des jeweiligen Attests ab und der Beweiswert kann je nach Kontext variieren. Ein einfacher Arztbrief mag Informationen enthalten, ist aber nicht unbedingt als Urkunde im streng juristischen Sinne zu qualifizieren. Die AU hingegen erfüllt diese Kriterien in aller Regel.

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