Ist Alkoholismus ein Scheidungsgrund?

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Das OLG Nürnberg sieht in schwerem Alkoholismus einen Härtefall gemäß § 1565 BGB. Suchterkrankungen, die das Zusammenleben unerträglich machen, können demnach eine sofortige Scheidung, also ohne vorheriges Trennungsjahr, rechtfertigen. Der Alkoholkonsum muss dabei eine unzumutbare Belastung für den Partner darstellen.

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Alkoholismus als Scheidungsgrund: Wann ist das Maß voll?

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat entschieden: Schwerer Alkoholismus kann ein Härtefall im Sinne des § 1565 BGB darstellen und eine Scheidung ohne Trennungsjahr rechtfertigen. Doch wann ist der Punkt erreicht, an dem die Sucht des Partners zur unzumutbaren Belastung wird und die Ehe endgültig scheitern lässt? Dieser Artikel beleuchtet die komplexe Thematik und gibt Orientierung.

Die Entscheidung des OLG Nürnberg stellt klar: Nicht jeder Alkoholkonsum rechtfertigt eine sofortige Scheidung. Es muss sich um eine schwere Alkoholsucht handeln, die das Zusammenleben unerträglich macht. Das bedeutet, der Alkoholismus muss das eheliche Leben derart beeinträchtigen, dass dem nicht alkoholkranken Partner ein weiteres Zusammenleben, auch für die Dauer des Trennungsjahres, nicht zugemutet werden kann.

Doch was genau bedeutet “unzumutbare Belastung”? Die Rechtsprechung orientiert sich an verschiedenen Faktoren, die im Einzelfall geprüft werden müssen. Dazu gehören:

  • Ausmaß und Häufigkeit des Alkoholkonsums: Geht es um gelegentlichen Genuss oder um regelmäßigen, exzessiven Konsum, der zu Kontrollverlust führt?
  • Folgen des Alkoholkonsums: Führt der Alkoholismus zu Gewalt, Vernachlässigung der Familie, finanziellen Problemen oder anderen gravierenden Schwierigkeiten?
  • Versuche der Therapie und deren Erfolg: Hat der alkoholkranke Partner bereits professionelle Hilfe in Anspruch genommen? Ist er bereit, seine Sucht zu bekämpfen?
  • Auswirkungen auf die Kinder (falls vorhanden): Leidet das Kindeswohl unter der Sucht des Elternteils? Sind die Kinder beispielsweise Gewalt oder Vernachlässigung ausgesetzt?
  • Belastung des Partners: Wie wirkt sich der Alkoholismus des Partners auf dessen physische und psychische Gesundheit aus? Lebt der Partner in ständiger Angst und Unsicherheit?

Die Beurteilung der Unzumutbarkeit ist eine Einzelfallentscheidung. Es gibt keine festgelegte Grenze, ab der Alkoholismus als Scheidungsgrund ohne Trennungsjahr anerkannt wird. Entscheidend ist die Gesamtbetrachtung der Umstände.

Es ist wichtig zu betonen, dass eine Scheidung aufgrund von Alkoholismus ein schwerwiegender Schritt ist. Betroffene sollten sich vorab gründlich juristisch beraten lassen und alle Optionen prüfen. Oftmals kann eine Therapie dem alkoholkranken Partner helfen, die Sucht zu überwinden und die Ehe zu retten. Doch wenn alle Bemühungen scheitern und die Belastung für den Partner unerträglich wird, bietet das Recht die Möglichkeit, die Ehe auch ohne Trennungsjahr zu beenden.

Dieser Artikel ersetzt keine Rechtsberatung. Im konkreten Fall sollte immer ein Anwalt konsultiert werden.