Was ist der aktuelle Polarstern?

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Der aktuelle Polarstern ist Polaris (Alpha Ursae Minoris), ein Cepheiden-Veränderlicher im Sternbild Kleiner Bär. Er liegt sehr nahe am nördlichen Himmelspol und scheint daher fast unbeweglich am Nachthimmel zu sein. Dadurch dient er als zuverlässige Navigationshilfe. Allerdings verschiebt sich die Position des Himmelsnordpols im Laufe der Jahrtausende aufgrund der Präzession der Erdachse, sodass Polaris nicht immer der Polarstern war und auch nicht immer sein wird. In Zukunft wird beispielsweise der Stern Vega diese Rolle übernehmen.
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Polaris: Unser aktueller, aber nicht ewiger Nordstern

Der Nachthimmel, ein unendliches Meer aus funkelnden Sternen, bietet Orientierung und Inspiration seit Anbeginn der Menschheit. Ein besonders wichtiger Fixpunkt für Seefahrer, Astronomen und Himmelsbeobachter ist der Polarstern, der scheinbar unbeweglich über dem nördlichen Himmelspol thront. Doch wer ist dieser markante Stern, der uns zuverlässig den Norden weist, und warum ist seine Position nicht für alle Ewigkeit festgelegt?

Der aktuelle Polarstern, auch bekannt als Polaris oder Alpha Ursae Minoris, ist ein Stern im Sternbild Kleiner Bär (Ursa Minor). Seine scheinbare Unbeweglichkeit resultiert aus seiner extrem geringen Entfernung zum Himmelsnordpol – dem Punkt, um den sich die scheinbare tägliche Rotation des Himmelsgewölbes vollzieht. Diese Nähe ermöglicht es uns, Polaris als zuverlässigen Himmelszeiger zu verwenden. Mit seiner Hilfe lassen sich nicht nur die Himmelsrichtungen bestimmen, sondern auch die geographische Breite des Beobachtungsorts berechnen. Eine einfache Messung des Höhenwinkels von Polaris über dem Horizont liefert direkt die geografische Breite. Diese einfache und präzise Methode war für die Navigation, insbesondere in Zeiten vor GPS, unerlässlich.

Polaris selbst ist jedoch kein gewöhnlicher Stern. Er zählt zu den Cepheiden-Veränderlichen, einer Klasse von Sternen, deren Helligkeit in regelmäßigen Zyklen schwankt. Diese periodischen Helligkeitsschwankungen, verursacht durch rhythmische Pulsationen des Sterns, werden von Astronomen genutzt, um Entfernungen im Kosmos zu bestimmen. Die scheinbare Helligkeit von Polaris ändert sich zwar, bleibt aber für das bloße Auge kaum wahrnehmbar. Seine relative Helligkeit und seine Position machen ihn zu einem idealen Referenzpunkt am Himmel.

Doch die scheinbar feste Position von Polaris ist eine Illusion, die nur durch unsere kurze menschliche Lebensspanne aufrechterhalten wird. Die Erdachse unterliegt einer langsamen, aber stetigen Kreiselbewegung, der sogenannten Präzession. Diese Bewegung, verursacht vor allem durch die Gravitationskräfte der Sonne und des Mondes, führt zu einer langsamen Verschiebung des Himmelsnordpols über den Himmelshintergrund. Daher war Polaris nicht immer der Polarstern und wird es auch nicht immer sein. In der Vergangenheit diente beispielsweise Thuban im Sternbild Drache diese Rolle, und in etwa 12.000 Jahren wird der helle Stern Vega im Sternbild Leier den Titel des Polarsterns übernehmen. Die Präzessionsbewegung vollzieht einen vollständigen Kreislauf in etwa 26.000 Jahren, so dass sich die Rolle des Polarsterns zyklisch ändert.

Die langsame Wanderung des Himmelsnordpols zeigt uns eindrücklich, wie dynamisch unser Universum ist, auch wenn es auf den ersten Blick statisch erscheint. Polaris, unser gegenwärtiger Himmelsweiser, erinnert uns daran, dass selbst scheinbar unveränderliche Konstanten im Kosmos einem stetigen Wandel unterworfen sind und die kosmischen Uhren in Zeiträumen ticken, die weit über unsere menschliche Wahrnehmung hinausgehen. Die präzise Bestimmung der Position von Polaris und die Beobachtung seiner minimalen Helligkeitsschwankungen offenbaren uns gleichzeitig seine Bedeutung als Navigationshilfe und als faszinierendes Objekt für astronomische Forschung.