Wie stellt der Arzt eine Übersäuerung fest?

20 Sicht

Die Blutgasanalyse offenbart durch pH-Wert-Messung und die Bestimmung von Bikarbonat- und Kohlendioxidkonzentrationen im Blut den Säure-Basen-Haushalt. Abweichungen vom Normbereich signalisieren eine Azidose, wobei das Bikarbonat als wichtiger Puffer eine zentrale Rolle im Ausgleich spielt.

Kommentar 0 mag

Die Diagnose einer Übersäuerung: Mehr als nur ein Blick auf den pH-Wert

Der Begriff “Übersäuerung” oder Azidose wird im Alltag oft inflationär verwendet, oft in Verbindung mit Ernährungsempfehlungen. Medizinisch betrachtet ist eine Azidose jedoch ein ernsthafter Zustand, der eine genaue Diagnose durch den Arzt erfordert. Es ist wichtig zu verstehen, dass ein einfacher pH-Wert-Test, etwa des Urins, keinesfalls ausreicht, um eine klinisch relevante Azidose zu diagnostizieren. Die Bestimmung des Säure-Basen-Haushaltes ist komplex und erfordert eine differenzierte Untersuchung.

Der Schlüssel zur Diagnose liegt in der Blutgasanalyse. Diese Untersuchung bietet die genauesten Informationen über den aktuellen Säure-Basen-Status des Körpers. Dabei werden nicht nur der pH-Wert des arteriellen Blutes gemessen, sondern auch die Konzentrationen von Bikarbonat (HCO₃⁻) und Kohlendioxid (pCO₂). Diese drei Parameter bilden das Fundament der Diagnose.

Ein pH-Wert unter 7,35 deutet auf eine Azidose hin, ein Wert über 7,45 auf eine Alkalose. Jedoch ist die alleinige Betrachtung des pH-Werts irreführend. Die Blutgasanalyse offenbart nämlich die zugrundeliegende Ursache der Abweichung. Hier spielen Bikarbonat und Kohlendioxid eine entscheidende Rolle:

  • Metabolische Azidose: Hier liegt ein Mangel an Bikarbonat vor, während der pCO₂ normal oder sogar erniedrigt sein kann (kompensatorische Hyperventilation). Ursachen sind vielfältig und reichen von Nierenerkrankungen über Durchfall bis hin zu diabetischer Ketoazidose. Die Blutgasanalyse zeigt einen erniedrigten pH-Wert und ein erniedrigtes Bikarbonat.

  • Respiratorische Azidose: Diese Form wird durch eine unzureichende Ausatmung von Kohlendioxid verursacht, zum Beispiel bei Lungenemphysem oder Atemdepression. Der pH-Wert ist erniedrigt, während der pCO₂ erhöht ist und das Bikarbonat initial normal sein kann, später aber ansteigen kann (kompensatorische Reaktion der Nieren).

  • Metabolische Alkalose: Ein Überschuss an Bikarbonat, oft verursacht durch Erbrechen, übermäßige Einnahme von Basen oder bestimmte Medikamente, führt zu einem erhöhten pH-Wert und einem erhöhten Bikarbonat.

  • Respiratorische Alkalose: Eine übermäßige Ausatmung von Kohlendioxid, zum Beispiel durch Hyperventilation aufgrund von Angstzuständen oder Höhenkrankheit, führt zu einem erhöhten pH-Wert und einem erniedrigten pCO₂.

Neben der Blutgasanalyse können weitere Untersuchungen notwendig sein, um die Ursache der Azidose zu identifizieren. Dies können beispielsweise Elektrolytuntersuchungen, Nierenfunktionstests, Blutzuckermessungen und eine ausführliche Anamnese (Krankengeschichte) sein.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Diagnose einer Übersäuerung ist komplex und erfordert eine differenzierte Betrachtung des Säure-Basen-Haushaltes durch den Arzt. Die Blutgasanalyse mit der Bestimmung von pH-Wert, Bikarbonat und Kohlendioxid ist das entscheidende diagnostische Werkzeug, um die Art und die Ursache der Azidose zu identifizieren und eine zielgerichtete Therapie einzuleiten. Eine Selbstdiagnose anhand von ungenauen Methoden ist gefährlich und sollte unbedingt vermieden werden.

#Arzt #Diagnose #Übersäuerung