Wie lange ist ein Tag im All?

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Ein Tag im Weltraum ist nicht wie ein Tag auf der Erde, da die Erde sich um ihre Achse dreht und sich um die Sonne bewegt. Im Weltraum gibt es keine solche Rotation, sodass kein direkter Vergleich möglich ist. Allerdings definiert die Internationale Raumstation (ISS) einen Tag als eine Umlaufbahn um die Erde, die etwa 90 Minuten dauert.
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Ein Tag im All: Zeitgefühl in Schwerelosigkeit

Die Vorstellung eines Tages ist tief in unserer menschlichen Erfahrung verwurzelt. Der Wechsel von Tag und Nacht, das stetige Auf- und Untergehen der Sonne, prägt unseren Rhythmus und unser Zeitverständnis. Doch wie verhält es sich mit dem Begriff Tag im All, fernab der irdischen Referenzpunkte? Die Antwort ist komplexer, als man zunächst vermuten könnte, denn ein Tag im Weltraum ist fundamental anders als ein Tag auf der Erde.

Auf der Erde definiert die Rotation unseres Planeten um seine eigene Achse den Tag, mit einer Dauer von etwa 24 Stunden. Diese Rotation sorgt für den Wechsel von Licht und Dunkelheit, der unsere biologische Uhr steuert. Die Erdumlaufbahn um die Sonne hingegen bestimmt unser Jahr. Im Weltraum existieren diese klaren Bezugspunkte nicht. Es gibt keine definierte Achse, um die sich ein Raumfahrzeug dreht, und das Konzept von Aufgang und Untergang verliert seine Bedeutung.

Für Astronauten auf der Internationalen Raumstation (ISS) – einer der am besten untersuchten Umgebungen im erdnahen Orbit – definiert sich ein Tag anders. Die ISS umkreist die Erde in etwa 90 Minuten. Diese einzelne Umkreisung wird von den Astronauten oft als ein Tag betrachtet, obwohl der Begriff in diesem Kontext eher eine willkürliche Festlegung als eine naturgegebene Konstante darstellt. Innerhalb dieser 90 Minuten erleben die Astronauten 45 Minuten Tageslicht, wenn die ISS die sonnenbeschienene Seite der Erde umrundet, und 45 Minuten Dunkelheit auf der Schattenseite. Dieser zyklische Wechsel beeinflusst zwar den Tagesrhythmus der Astronauten, entspricht aber nicht der 24-Stunden-Periode, die wir auf der Erde kennen.

Um den biologischen Rhythmus der Astronauten zu regulieren und gesundheitlichen Problemen vorzubeugen, wird ein künstlicher 24-Stunden-Zyklus an Bord der ISS aufrechterhalten. Die Beleuchtung wird entsprechend angepasst, um einen Tag-Nacht-Rhythmus zu simulieren. Dies ist essentiell, da der menschliche Körper auf diesen Rhythmus angewiesen ist und ein dauerhaft gestörter Schlafrhythmus zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Dieser künstlich erzeugte Tag dient also der menschlichen Gesundheit und der Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit der Crew, ist aber von der tatsächlichen, physikalischen Umgebung im Weltraum losgelöst.

Die Dauer eines Tages hängt also im Wesentlichen von der Perspektive und den Bedürfnissen ab. Für einen Astronauten auf einer Langzeitmission kann eine einzelne Umlaufbahn als Tag empfunden werden, während für die Missionskontrolle auf der Erde der irdische 24-Stunden-Rhythmus maßgeblich bleibt. Die Erfahrung eines Tages im All unterstreicht somit die Relativität des Zeitverständnisses und die Notwendigkeit, etablierte irdische Konzepte flexibel an neue Umgebungen anzupassen. Die 90-minütige Umlaufbahn der ISS ist ein pragmatischer, aber nicht naturgegeben universeller Maßstab für die Zeitmessung im Weltraum. Die eigentliche Definition eines Tages bleibt somit eine Frage der Perspektive und der Funktionalität. Und während die Erde sich stetig dreht und den Takt für unsere irdischen Tage vorgibt, tanzen die Astronauten im All zu einem ganz anderen, kosmischen Rhythmus.

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