Warum vertragen manche Menschen keinen Alkohol?

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Genetische Veranlagung spielt eine entscheidende Rolle bei der Alkoholtoleranz. Während manche Menschen aufgrund ihrer Genetik Alkohol besser verarbeiten, entwickeln andere durch regelmäßigen Konsum eine erhöhte Toleranz, wobei wichtige Warnsignale des Körpers erst verzögert wahrgenommen werden.
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Die unsichtbare Mauer: Warum manche Menschen Alkohol nicht vertragen

Alkohol. Für viele ein gesellschaftliches Schmiermittel, ein Genussmittel, ein entspannendes Getränk. Doch für andere ist Alkohol ein Feind, der mit Übelkeit, Kopfschmerzen, Rötungen und anderen unangenehmen Symptomen reagiert. Warum vertragen manche Menschen Alkohol so schlecht, während andere scheinbar problemlos mehrere Gläser leeren können? Die Antwort ist komplex und liegt nicht allein im individuellen Konsumverhalten, sondern vor allem in der Genetik.

Die Fähigkeit, Alkohol zu verarbeiten, ist stark genetisch determiniert. Unser Körper baut Alkohol in mehreren Schritten ab, wobei Enzyme eine entscheidende Rolle spielen. Besonders wichtig ist dabei das Enzym Alkoholdehydrogenase (ADH), welches Alkohol in Acetaldehyd umwandelt, und das Enzym Aldehyddehydrogenase (ALDH), welches Acetaldehyd weiter zu Essigsäure abbaut. Genetische Variationen in den Genen, die diese Enzyme codieren, führen zu unterschiedlichen Enzymaktivitäten.

Individuen mit einer weniger aktiven ADH beispielsweise bauen Alkohol langsamer ab. Die Folge: Ein höherer Alkoholspiegel im Blut bei gleicher Konsummenge, was zu verstärkter Symptomatik führt. Noch gravierender ist eine geringe Aktivität der ALDH. Acetaldehyd, ein hochgiftiges Zwischenprodukt, reichert sich im Körper an und verursacht die typischen unangenehmen Reaktionen wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Herzrasen und Gesichtsrötung (Flush-Reaktion). Diese Reaktion ist besonders häufig in asiatischen Populationen zu beobachten, aufgrund einer weit verbreiteten ALDH2-Genvariante.

Aber die Genetik ist nicht alles. Auch erworbene Faktoren beeinflussen die Alkoholtoleranz. Regelmäßiger Alkoholkonsum kann zu einer erhöhten Toleranz führen – der Körper passt sich an die regelmäßige Belastung an, und die Symptome werden weniger ausgeprägt. Dieser scheinbare Vorteil ist jedoch trügerisch. Die Toleranzentwicklung bedeutet nicht, dass der Alkohol weniger schädlich ist. Im Gegenteil: Der Körper maskiert die Warnsignale, und der Konsument unterschätzt die tatsächliche Belastung seines Organismus. Eine erhöhte Toleranz ist daher ein gefährliches Zeichen und kein Grund, den Alkoholkonsum zu steigern.

Darüber hinaus spielen weitere Faktoren eine Rolle, wie beispielsweise Medikamenteneinnahme, gesundheitliche Vorerkrankungen (z.B. Lebererkrankungen) oder einfach individuelle Empfindlichkeiten. Auch die Art des Alkohols und der Konsumgeschwindigkeit beeinflussen die Reaktion des Körpers.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die individuelle Alkoholtoleranz ein komplexes Zusammenspiel aus genetischer Veranlagung und erworbenen Faktoren darstellt. Eine geringe Toleranz ist kein Zeichen von Schwäche, sondern kann auf eine genetisch bedingte, schnellere oder langsamere Verarbeitung von Alkohol hindeuten. Unabhängig von der individuellen Toleranz ist maßvoller Konsum entscheidend, um die Risiken für die Gesundheit zu minimieren. Wer unter starken Reaktionen leidet, sollte auf Alkohol verzichten oder den Konsum stark reduzieren und im Zweifelsfall ärztlichen Rat suchen.