Warum sag ich immer ähm?

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Das Phänomen des Ähm ist mehr als nur ein Füllwort. Es dient der unbewussten Strukturierung unserer Sprache, hilft uns, komplexe Formulierungen anzukündigen und kann sogar Unsicherheit kaschieren oder gezielt für Korrekturen eingesetzt werden. Kurz gesagt, das Ähm ist ein vielschichtiges Werkzeug der verbalen Kommunikation.

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Das unterschätzte “Ähm”: Mehr als nur ein Füllwort

“Ähm… also… ähm…” Diese Füllwörter prägen unseren Alltagssprachgebrauch. Doch das scheinbar simple “Ähm” ist weit mehr als nur ein nervöses Stottern oder ein bloßer Platzhalter für Denkpausen. Es ist ein komplexes sprachliches Phänomen, das viel über unsere Denkprozesse und Kommunikationsstrategien aussagt. Während es oft als störend empfunden wird, verbirgt sich hinter dem “Ähm” eine vielschichtige Funktionalität, die seine Bedeutung weit über die bloße Füllfunktion hinaushebt.

Ein zentraler Aspekt ist die zeitliche Strukturierung des Sprechens. Während wir überlegen, wie wir einen komplexen Satz formulieren, oder nach dem richtigen Wort suchen, dient das “Ähm” als Signal an den Gesprächspartner. Es signalisiert: “Ich bin noch am Denken, bitte warten Sie kurz.” Dies verhindert ein abruptes Schweigen, das als unhöflich oder unsicher interpretiert werden könnte. Es schafft eine Art “zeitliche Brücke”, die den Fluss der Kommunikation aufrecht erhält.

Darüber hinaus fungiert das “Ähm” als Ankündigung von komplexeren Formulierungen. Ähnlich einem musikalischen Vorspiel bereitet es den Zuhörer auf eine anspruchsvollere, vielleicht länger dauernde Aussage vor. Es signalisiert: “Jetzt kommt etwas Wichtiges, etwas, das etwas mehr Überlegung erfordert.” Diese Vorwarnung ermöglicht es dem Zuhörer, sich mental darauf einzustellen und die Informationen besser aufzunehmen.

Die Funktion des “Ähms” kann auch mit Unsicherheit in Verbindung gebracht werden. In Situationen, in denen wir uns nicht ganz sicher sind, ob unsere Aussage korrekt oder vollständig ist, kann das “Ähm” als eine Art “Sicherheitsnetz” dienen. Es bietet uns die Möglichkeit, kurz innezuhalten, die Aussage zu überdenken und gegebenenfalls zu korrigieren. Es ist ein verbales Äquivalent zu einem zögerlichen Schritt, der uns Zeit gibt, uns neu zu orientieren.

Interessanterweise kann “Ähm” auch gezielter eingesetzt werden, um eine Korrektur anzukündigen. Ein “Ähm… das meinte ich so nicht ganz…” deutet auf eine bevorstehende Umformulierung hin, die die Aussage präzisiert oder verbessert. In diesem Kontext wird das “Ähm” zu einem aktiven Werkzeug der Kommunikationskontrolle.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das “Ähm” – entgegen der landläufigen Meinung – kein bloßer sprachlicher Makel ist. Vielmehr handelt es sich um ein vielschichtiges Werkzeug, das uns bei der Strukturierung unserer Sprache, der Ankündigung komplexer Formulierungen, der Bewältigung von Unsicherheiten und der gezielten Korrektur unserer Aussagen unterstützt. Das nächste Mal, wenn Sie ein “Ähm” hören oder selbst eins verwenden, sollten Sie es nicht nur als störend, sondern auch als Ausdruck der komplexen Dynamik unserer verbalen Kommunikation betrachten.