Warum ist die Sicht unter Wasser verschwommen?

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Die Unschärfe unter Wasser resultiert aus dem Unterschied des Brechungsindex von Wasser und Luft. Lichtstrahlen ändern beim Übergang vom Wasser in das Auge ihre Richtung stärker als in Luft. Dies führt zu einer verzerrten Abbildung auf der Netzhaut, die als Unschärfe wahrgenommen wird. Eine Taucherbrille kompensiert dies, indem sie eine Luftschicht zwischen Auge und Wasser schafft. Die Brechung wird dadurch reduziert und ein schärferes Bild ermöglicht.
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Die verschwommene Welt unter Wasser: Warum wir ohne Taucherbrille nichts sehen

Ein Sprung ins kühle Nass an einem heißen Sommertag – erfrischend! Doch sobald wir unsere Augen unter Wasser öffnen, erwartet uns eine verschwommene, undeutliche Welt. Dieses Phänomen, das uns zu blindem Tasten im Schwimmbad zwingt, hat einen physikalischen Grund: den Unterschied im Brechungsindex zwischen Wasser und Luft. Dieser Unterschied beeinflusst den Weg des Lichts und damit unsere Fähigkeit, scharf zu sehen.

Licht breitet sich in verschiedenen Medien unterschiedlich schnell aus. In Luft ist die Geschwindigkeit höher als in Wasser. Trifft ein Lichtstrahl schräg auf die Grenzfläche zwischen zwei Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizes, ändert er seine Richtung – er wird gebrochen. Je größer der Unterschied der Brechungsindizes, desto stärker die Brechung. Der Brechungsindex von Wasser ist deutlich höher als der von Luft. Das bedeutet, Lichtstrahlen werden beim Übergang von Wasser in die Luft stärker abgelenkt als umgekehrt.

Unser Auge ist darauf ausgelegt, Lichtstrahlen zu fokussieren, die aus der Luft kommen. Die Hornhaut und die Linse des Auges brechen das einfallende Licht so, dass ein scharfes Bild auf der Netzhaut entsteht. Diese Brechkraft ist optimal auf den Brechungsindex von Luft abgestimmt. Befinden wir uns unter Wasser, trifft das Licht jedoch aus einem Medium mit deutlich höherem Brechungsindex auf unsere Augen. Die Brechkraft der Hornhaut und der Linse ist nun nicht mehr ausreichend, um die Lichtstrahlen korrekt auf der Netzhaut zu bündeln. Stattdessen werden die Lichtstrahlen zu schwach gebrochen und treffen sich erst hinter der Netzhaut. Das Ergebnis: Ein unscharfes, verschwommenes Bild.

Vereinfacht dargestellt, funktioniert unser Auge unter Wasser wie eine Kamera, deren Linse nicht auf die richtige Brennweite eingestellt ist. Die Lichtstrahlen, die von einem Objekt ausgehen, werden nicht präzise auf dem „Sensor – unserer Netzhaut – abgebildet. Die feinen Details gehen verloren und wir sehen nur verschwommene Konturen.

Die Lösung für dieses Problem ist die Taucherbrille. Sie schafft eine dünne Luftschicht zwischen Auge und Wasser. Das Licht trifft nun zuerst auf die Grenzfläche Wasser-Luft der Brille und wird dort gebrochen. Da der Brechungsindexunterschied zwischen Luft und Glas der Brille geringer ist als der zwischen Wasser und Hornhaut, wird die Lichtbrechung an der Brille reduziert. Anschließend trifft das Licht auf die Luft in der Brille und schließlich auf die Hornhaut des Auges, wobei die Brechung so erfolgt, als ob wir uns an der Luft befinden würden. Die Luftschicht in der Taucherbrille stellt also die gewohnten Bedingungen für die Lichtbrechung im Auge wieder her und ermöglicht uns so ein scharfes Sehen unter Wasser.

Die gleiche Logik erklärt auch, warum Fische, deren Augen für das Sehen unter Wasser angepasst sind, an Land nur verschwommen sehen würden. Ihre Augenlinsen haben eine höhere Brechkraft, um den Brechungsindex des Wassers zu kompensieren. An Land würde diese starke Brechung dazu führen, dass die Lichtstrahlen sich vor der Netzhaut treffen, was wiederum zu einem unscharfen Bild führt.

Das Phänomen der Lichtbrechung und die damit verbundene Unschärfe unter Wasser verdeutlichen eindrücklich, wie unsere Wahrnehmung von der physikalischen Welt um uns herum abhängt. Ein simpler Unterschied im Brechungsindex zweier Medien kann unsere Sicht radikal verändern und uns buchstäblich blind machen. Die Taucherbrille ist ein clevere Erfindung, die uns durch die Wiederherstellung der gewohnten Lichtbrechungsbedingungen den Zugang zu den faszinierenden Welten unter der Wasseroberfläche ermöglicht.