Kann Wasser bei 4 Grad frieren?

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Ja, Wasser kann bei 4 Grad Celcius (nicht Grad Fahrenheit) unter bestimmten Bedingungen gefrieren, beispielsweise wenn es sich in einem sehr sauberen Behälter befindet oder wenn es stark geschüttelt wird. Dieser Effekt wird als Unterkühlung bezeichnet.
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Kann Wasser bei 4 Grad Celsius frieren? Die überraschende Antwort lautet: Ja.

Die landläufige Meinung besagt, dass Wasser bei 0 Grad Celsius gefriert. Das ist zwar die Regel, aber nicht die absolute Wahrheit. Unter bestimmten Bedingungen kann Wasser weit unterhalb dieses Punktes flüssig bleiben, ein Phänomen, das als Unterkühlung bezeichnet wird. So kann Wasser, entgegen der Intuition, sogar bei 4 Grad Celsius, ja sogar noch darunter, gefrieren.

Die Erklärung hierfür liegt in der Art und Weise, wie Eis entsteht. Für die Bildung von Eiskristallen benötigt Wasser sogenannte Kristallisationskeime. Diese Keime können mikroskopisch kleine Staubpartikel, Unreinheiten im Wasser oder sogar Unebenheiten in der Behälterwand sein. An diesen Keimen lagern sich die Wassermoleküle an und beginnen, die charakteristische Kristallstruktur von Eis zu bilden. Fehlen diese Keime, kann das Wasser auch unterhalb des Gefrierpunktes flüssig bleiben – es ist unterkühlt.

Stellen Sie sich vor, Sie füllen eine extrem saubere Flasche mit destilliertem Wasser und kühlen sie langsam und ohne Erschütterungen ab. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich bei 0 Grad Celsius spontan Eiskristalle bilden, ist gering. Das Wasser kann so auf 4 Grad Celsius und sogar noch tiefer abgekühlt werden, ohne zu gefrieren. Dieser Zustand ist jedoch metastabil, das heißt, er ist sehr empfindlich gegenüber Störungen.

Eine kleinste Erschütterung, das Einbringen eines Kristallisationskeims, oder gar ein leichter Schlag gegen die Flasche, kann ausreichen, um die Unterkühlung aufzuheben. Die Folge ist eine schlagartige Kristallisation: Das Wasser gefriert innerhalb kürzester Zeit, oft beginnend an dem Punkt der Störung, und die Temperatur steigt auf 0 Grad Celsius an. Ein faszinierendes Schauspiel, das man mit etwas Geduld und dem richtigen Equipment selbst beobachten kann.

Die Unterkühlung von Wasser spielt auch in der Natur eine Rolle. So können beispielsweise Regentropfen in der Atmosphäre unterkühlt werden und erst beim Auftreffen auf den Boden oder auf Gegenstände gefrieren, was zu Glatteisbildung führt. Auch in der Biologie finden sich Beispiele für Unterkühlung, etwa bei bestimmten Insekten oder Fischen, die spezielle Proteine produzieren, um ein Gefrieren ihrer Körperflüssigkeiten bei Minusgraden zu verhindern.

Die Fähigkeit des Wassers, unter bestimmten Bedingungen unterkühlt zu werden, ist also mehr als nur eine wissenschaftliche Kuriosität. Sie ist ein Phänomen mit weitreichenden Auswirkungen, das von der Meteorologie bis zur Biologie eine wichtige Rolle spielt. Es zeigt uns einmal mehr, wie komplex und faszinierend die Eigenschaften dieses allgegenwärtigen Stoffes sind. Die einfache Aussage Wasser gefriert bei 0 Grad Celsius greift also zu kurz. Die Wahrheit ist vielschichtiger und eröffnet uns einen Blick auf die verborgenen Wunder der Natur. Die Unterkühlung ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie selbst scheinbar simple Vorgänge, wie der Übergang von Wasser zu Eis, bei genauerer Betrachtung eine erstaunliche Komplexität offenbaren. Und sie erinnert uns daran, dass es in der Wissenschaft immer wieder Neues zu entdecken gibt, selbst bei so grundlegenden Substanzen wie Wasser.