Warum kann man im Dunkeln nicht Sehen?

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Die Netzhaut benötigt Zeit, um sich an schwaches Licht anzupassen. Dieser Prozess, die Dunkeladaption, hängt von den lichtempfindlichen Stäbchen ab. Ihre geringe Aktivität bei fehlendem Licht führt zu eingeschränkter Sicht, vergleichbar mit Nachtblindheit, einer Störung der Stäbchenfunktion.

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Warum sehen wir im Dunkeln nicht? Ein Blick in die faszinierende Welt der Dunkeladaption

Die Dunkelheit. Ein Zustand, der für uns Menschen mit einem deutlichen Verlust an Sehkraft einhergeht. Warum ist das so? Die einfache Antwort lautet: Unsere Augen benötigen Zeit, um sich an die veränderten Lichtverhältnisse anzupassen. Doch hinter dieser scheinbar banalen Aussage verbirgt sich ein komplexer physiologischer Prozess, die sogenannte Dunkeladaption, die uns näher beleuchten wollen.

Im Gegensatz zu dem weitverbreiteten Irrglauben, dass wir einfach “kein Licht” haben und deshalb nichts sehen, liegt die Einschränkung unserer Sehkraft im Dunkeln in der Funktionsweise unserer Netzhaut. Diese, die lichtempfindliche Schicht am hinteren Ende des Augapfels, besteht aus zwei Haupttypen von Photorezeptoren: den Zäpfchen und den Stäbchen.

Zäpfchen sind für das Farbsehen bei hellem Licht verantwortlich. Sie benötigen eine relativ hohe Lichtintensität, um aktiviert zu werden. Verschwindet das Licht, verlieren sie schnell ihre Funktion. Im Dunkeln spielen sie deshalb keine Rolle.

Die entscheidenden Akteure im Spiel der Dunkeladaption sind hingegen die Stäbchen. Diese sind deutlich lichtempfindlicher als die Zäpfchen und ermöglichen uns das Sehen bei schwachem Licht. Doch auch ihre Empfindlichkeit ist nicht unbegrenzt. Bei hellem Licht sind sie gewissermaßen “überfordert” und “gesättigt”. Sie benötigen Zeit, um sich auf die niedrige Lichtintensität im Dunkeln einzustellen – dieser Anpassungsprozess dauert etwa 20 bis 30 Minuten und ist dabei nicht linear, sondern zeigt eine charakteristische, zweistufige Kurve.

In der ersten Phase, die relativ schnell abläuft, regeneriert sich das Rhodopsin, das lichtempfindliche Pigment in den Stäbchen. Dieser Prozess ist essentiell für die Wahrnehmung von Licht. In der zweiten, langsameren Phase, finden weitere Anpassungsprozesse auf zellulärer Ebene statt, um die Empfindlichkeit der Stäbchen weiter zu erhöhen.

Eine Beeinträchtigung dieser Dunkeladaption führt zu einer eingeschränkten Sehfähigkeit bei Dämmerung und Dunkelheit, die umgangssprachlich als Nachtblindheit bezeichnet wird. Die Ursachen hierfür sind vielfältig und reichen von Vitamin-A-Mangel (wichtig für die Bildung von Rhodopsin) über bestimmte Erkrankungen der Netzhaut bis hin zu genetischen Defekten. Eine solche Beeinträchtigung verdeutlicht die essentielle Rolle der Dunkeladaption für unser Sehen in schwach beleuchteten Umgebungen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir im Dunkeln nicht sehen, weil unsere Augen, genauer gesagt die Stäbchen in unserer Netzhaut, Zeit benötigen, um sich an die niedrige Lichtintensität anzupassen. Dieser Prozess, die Dunkeladaption, ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener biochemischer und physiologischer Vorgänge, deren Störung zu erheblichen Einschränkungen des Sehvermögens führen kann. Das Verständnis dieser Mechanismen ist entscheidend, um die Herausforderungen des Sehens bei Dunkelheit zu verstehen und um Erkrankungen der Sehfähigkeit besser diagnostizieren und behandeln zu können.