Warum rosten Schiffe nicht?

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Eisen reagiert mit Wasser und Sauerstoff, doch anstatt zu rosten, entsteht eine schützende, dichte Schicht. Diese Barriere verhindert weiteren Kontakt mit der Umgebung und schützt das darunterliegende Metall effektiv vor Korrosion. Dieser natürliche Schutzmechanismus verhindert den vollständigen Zerfall des Schiffs.

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Das Geheimnis der unverwüstlichen Schiffe: Warum rosten sie nicht (so schnell)?

Die Vorstellung, ein Schiff aus Eisen sei dem unaufhaltsamen Zahn der Zeit und der Korrosion ausgeliefert, ist weit verbreitet. Tatsächlich rosten Schiffe, doch der Prozess verläuft deutlich langsamer und weniger umfassend als man erwarten würde. Der Grund dafür liegt nicht in einem Wunder der Ingenieurskunst, sondern in einem faszinierenden Zusammenspiel von Materialwissenschaft und Meereschemie.

Der Kern des Problems liegt in der Aussage: Eisen reagiert mit Wasser und Sauerstoff. Diese Reaktion, die wir als Rost kennen, ist eine elektrochemische Oxidation. Eisenatome geben Elektronen ab und bilden Eisenionen (Fe²⁺ oder Fe³⁺), die sich mit Hydroxidionen (OH⁻) aus dem Wasser zu Eisenoxiden und Eisenhydroxiden verbinden – dem Rost. Dieser Prozess schreitet jedoch nur unter bestimmten Bedingungen ungehindert voran.

Auf der Oberfläche eines Schiffes bildet sich, anders als bei einem einfachen Eisenstück an der Luft, eine komplexe und vielschichtige Reaktion. Das Salzwasser des Meeres spielt dabei eine entscheidende Rolle. Zwar beschleunigt das Salz die Korrosion im ersten Moment, doch gleichzeitig fördert es die Bildung einer schützenden Patina, einer komplexen Schicht aus verschiedenen Eisenoxiden und -hydroxiden, oft vermischt mit Sulfaten und anderen Salzen aus dem Meerwasser. Diese Patina ist anders als der lockere, poröse Rost, den wir an einem rostigen Nagel kennen. Sie ist im Allgemeinen dicht und kompakt, wodurch sie den darunterliegenden Stahl effektiv vom weiteren Kontakt mit Wasser und Sauerstoff isoliert. Sie fungiert als Barriere, die die weitere Korrosion stark hemmt.

Dieser natürliche Schutz ist jedoch nicht allumfassend. Die Effektivität der Patina hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Salzgehalt: Ein höherer Salzgehalt kann die Korrosion zunächst beschleunigen, trägt aber auch zur schnelleren Bildung der schützenden Patina bei.
  • Wasserströmung: Starke Strömungen können die Patina abtragen, wodurch das darunterliegende Metall erneut der Korrosion ausgesetzt wird.
  • Verschmutzung: Anlagerungen von organischem Material oder anderen Verunreinigungen können die Patina schädigen und lokale Korrosion begünstigen.
  • Metallqualität: Die Legierung des Stahls, die verwendeten Beschichtungen und die Verarbeitung beeinflussen die Korrosionsbeständigkeit. Moderne Schiffsstahllegierungen sind deutlich korrosionsbeständiger als früher verwendete Materialien.

Trotz des natürlichen Schutzes der Patina ergreifen Schiffsbauer und -betreiber dennoch verschiedene Maßnahmen zum Korrosionsschutz:

  • Anstrich: Regelmäßige Antifouling- und Korrosionsschutzanstriche bilden eine zusätzliche Barriere gegen Wasser und Sauerstoff.
  • Kathodischer Korrosionsschutz: Durch Anbringung von Opferanoden (meist Zink oder Aluminium) wird der Stahl elektrochemisch geschützt. Die Opferanode korrodiert statt des Stahls.
  • Regelmäßige Inspektionen und Reparaturen: Frühzeitiges Erkennen und Beheben von Korrosionsschäden ist entscheidend für die Lebensdauer des Schiffes.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Schiffe nicht deshalb nicht rosten, weil sie immun gegen Korrosion wären, sondern weil sich auf ihrer Oberfläche eine schützende Patina bildet, die den Korrosionsprozess stark verlangsamt. Die Kombination aus natürlichen Schutzmechanismen und vorbeugenden Maßnahmen ermöglicht es, die Lebensdauer von Schiffen über Jahrzehnte zu gewährleisten.