Welche Gefriertemperatur hat destilliertes Wasser?

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Reinstes, destilliertes Wasser trotzt oft dem Gefrierpunkt und kann auf erstaunliche -70 °C heruntergekühlt werden, ohne zu gefrieren. Erst das Hinzufügen von Substanzen wie Streusalz initiiert die Kristallisation. Diese Gefrierpunktserniedrigung ist eine faszinierende Eigenschaft, die allein von der Konzentration der gelösten Teilchen abhängt, ungeachtet ihrer chemischen Natur.

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Das Rätsel des gefrorenen Wassers: Warum gefriert destilliertes Wasser so spät?

Destilliertes Wasser – chemisch gesehen H₂O in seiner reinsten Form – verhält sich beim Gefrieren anders als man intuitiv vermuten würde. Während Leitungswasser, das diverse Mineralien und Verunreinigungen enthält, bei 0°C gefriert, kann destilliertes Wasser deutlich unter diese Temperatur abkühlen, ohne zu Eis zu werden. Die Aussage, destilliertes Wasser gefriere bei -70°C, ist jedoch eine Vereinfachung und erfordert eine genauere Betrachtung.

Der Gefrierpunkt von Wasser ist tatsächlich temperaturabhängig und wird durch den sogenannten homogenen Keimbildungsprozess bestimmt. Dieser Prozess beschreibt die spontane Bildung von Eiskristallen innerhalb der reinen Wassermasse. In reinem, destilliertem Wasser ist die Wahrscheinlichkeit dieser spontanen Kristallisation gering. Fehlen nämlich die notwendigen “Keime” – winzige Partikel, Oberflächenstrukturen oder Verunreinigungen, an denen sich die Wassermoleküle anlagern und ein Kristallgitter bilden können – kann das Wasser in einen unterkühlten Zustand übergehen. Dies bedeutet, es bleibt flüssig, obwohl es sich unterhalb des theoretischen Gefrierpunktes von 0°C befindet.

Die -70°C, die oft im Zusammenhang mit dem Gefrierpunkt von destilliertem Wasser genannt werden, beziehen sich auf diesen extrem unterkühlten Zustand und sind stark von äußeren Faktoren wie dem Druck und dem verwendeten Gefäß abhängig. In der Praxis ist es schwierig, diesen Zustand ohne spezielle Vorkehrungen zu erreichen. Schon kleinste Vibrationen oder das Einbringen eines Fremdkörpers können die Kristallisation auslösen.

Die Aussagekraft der -70°C ist also begrenzt. Ein realistischerer Wert für die Unterkühlung von destilliertem Wasser liegt eher im Bereich von einigen Grad Celsius unter 0°C. Der tatsächliche Gefrierpunkt hängt stark von der Reinheit des Wassers und den Umgebungsbedingungen ab. Je reiner das Wasser, desto wahrscheinlicher die Unterkühlung.

Das Hinzufügen von Verunreinigungen, wie z.B. Salze oder andere gelöste Stoffe, führt zur heterogenen Keimbildung. Die gelösten Teilchen wirken als Kristallisationskeime und beschleunigen den Gefrierprozess erheblich. Dies erklärt auch den Effekt von Streusalz auf Eis: Es senkt den Gefrierpunkt des Wassers und erleichtert das Schmelzen des Eises.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Destilliertes Wasser kann deutlich unter 0°C abkühlen, ohne zu gefrieren. Die oft zitierte Temperatur von -70°C beschreibt einen extremen Fall von Unterkühlung unter sehr spezifischen Bedingungen und ist nicht als allgemeingültiger Gefrierpunkt zu verstehen. Der Gefrierprozess wird durch die Anwesenheit von Verunreinigungen stark beeinflusst, die als Kristallisationskeime wirken.

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