Wie viele Kinder kommen intersexuell zur Welt?

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Intersexualität betrifft schätzungsweise 1-2% aller Geburten. Viele Betroffene erfahren Ausgrenzung und Stigmatisierung, oft im Stillen. Der Dokumentarfilm Ni dÈve, Ni dAdam. Une histoire intersexe der Regisseurin Floriane Devigne bricht dieses Schweigen und gibt intersexuellen Menschen die Möglichkeit, ihre Geschichten zu teilen.

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Zwischen den Geschlechtern: Wie viele Kinder intersexuell zur Welt kommen und warum wir darüber sprechen müssen

Die Frage, wie viele Kinder intersexuell zur Welt kommen, lässt sich nicht mit einer einfachen Zahl beantworten. Schätzungen variieren stark, abhängig von der Definition von Intersexualität und den verwendeten Diagnosekriterien. Oftmals wird von einer Häufigkeit von 1 bis 2% aller Geburten ausgegangen. Dieser scheinbar kleine Prozentsatz verschleiert jedoch die Bedeutung und die weitreichenden Auswirkungen dieser Vielfalt menschlicher Geschlechtsentwicklung.

Es ist wichtig zu verstehen, dass „Intersexualität“ kein einheitliches Krankheitsbild, sondern ein Überbegriff für eine Vielzahl von Variationen der Geschlechtsmerkmale ist. Diese Variationen können die Chromosomen, die Gonaden (Hoden und Eierstöcke), die Geschlechtsorgane oder die Hormone betreffen. Ein Kind kann beispielsweise XX-Chromosomen haben, aber äußerlich männliche Merkmale aufweisen, oder XY-Chromosomen, aber weibliche Merkmale. Die Bandbreite der möglichen Variationen ist enorm und jede Person mit intersexuellen Merkmalen ist einzigartig.

Die oft genannte Zahl von 1-2% ist eine grobe Schätzung und bezieht sich auf Personen, bei denen im Laufe ihres Lebens eine sichtbare oder diagnostizierbare Variation der Geschlechtsmerkmale festgestellt wird. Viele intersexuelle Personen erfahren jedoch nie eine medizinische Diagnose, da ihre Variationen nicht offensichtlich sind oder als nicht relevant eingestuft werden. Daher dürfte die tatsächliche Anzahl der intersexuell geborenen Kinder höher liegen als die gängigen Statistiken vermuten lassen.

Die unzureichende Erforschung und die mangelnde Sensibilität im Umgang mit Intersexualität führen dazu, dass viele Betroffene ihr ganzes Leben lang mit Ausgrenzung und Stigmatisierung kämpfen. Oftmals werden intersexuelle Kinder bereits in der frühen Kindheit medizinischen Eingriffen unterzogen, die oft nicht medizinisch notwendig sind, sondern aus gesellschaftlichen Normen und dem Wunsch nach einer eindeutigen Geschlechtszuordnung resultieren. Diese Eingriffe können zu erheblichen körperlichen und psychischen Schäden führen.

Der Dokumentarfilm “Ni dÈve, Ni dAdam. Une histoire intersexe” leistet wertvolle Arbeit, indem er den Betroffenen eine Plattform gibt, ihre Geschichten zu erzählen und auf die Problematik aufmerksam macht. Es ist höchste Zeit, dass wir über Intersexualität offen und respektvoll sprechen, medizinische Eingriffe kritisch hinterfragen und die Selbstbestimmung intersexueller Menschen in den Mittelpunkt stellen. Nur so können wir eine Gesellschaft schaffen, die Inklusion und Akzeptanz für alle Geschlechtsidentitäten und -ausprägungen ermöglicht. Die Zahl der intersexuell geborenen Kinder ist weniger wichtig als die Anerkennung ihrer Existenz und die Gewährleistung ihrer Rechte auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit.