Soll man Sterbenden Infusionen geben?
Die Entscheidung für oder gegen Infusionen am Lebensende ist individuell und komplex. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig, aber trockene Schleimhäute allein sind kein Leiden. Oft ermöglicht ein Verzicht auf Infusionen ein friedlicheres Ableben, frei von medizinischen Eingriffen.
Infusionen am Lebensende: Eine schwierige Abwägung
Die Frage, ob Sterbende Infusionen erhalten sollen, ist hochsensibel und lässt sich nicht pauschal beantworten. Sie erfordert eine sorgfältige Abwägung individueller Faktoren und ein tiefes Verständnis der jeweiligen Situation. Während eine ausreichende Hydrierung im Allgemeinen wichtig ist, stellt sich am Lebensende die Frage nach dem Nutzen und den potenziellen Nebenwirkungen medizinischer Interventionen, insbesondere der intravenösen Flüssigkeitszufuhr.
Der oft zitierte Argumentationsstrang, trockene Schleimhäute müssten unbedingt behandelt werden, greift zu kurz. Trockene Schleimhäute sind zwar unangenehm, stellen aber an sich kein Leiden dar, das unbedingt mit Infusionen bekämpft werden muss. Der Fokus sollte vielmehr auf dem Wohlbefinden des Sterbenden liegen, das nicht allein durch die Vermeidung von Symptomen wie Trockenheit definiert ist. Vielmehr geht es um Schmerzfreiheit, ein Gefühl von Geborgenheit und ein friedvolles Ableben.
Die Gabe von Infusionen am Lebensende birgt diverse Risiken: Neben möglichen Komplikationen wie Schwellungen, Infektionen oder Überlastung des Kreislaufsystems, kann die zusätzliche Flüssigkeit zu Atemnot und einem Gefühl der Beklemmung führen. Diese Nebenwirkungen können die letzten Lebenstage des Patienten deutlich beeinträchtigen und den natürlichen Sterbeprozess stören. Darüber hinaus können Infusionen den Sterbeprozess sogar verlängern, ohne zwingend das Leiden zu lindern.
Die Entscheidung sollte stets im Rahmen einer umfassenden palliativen Betreuung getroffen werden. Ein interdisziplinäres Team aus Ärzten, Pflegepersonal und gegebenenfalls Angehörigen sollte gemeinsam mit dem Patienten – oder seinen Angehörigen, falls der Patient nicht mehr entscheidungsfähig ist – die individuellen Bedürfnisse und Wünsche besprechen. Hierbei spielen nicht nur die medizinischen Aspekte, sondern auch die persönlichen Werte und Vorstellungen des Sterbenden eine entscheidende Rolle.
Ein Verzicht auf Infusionen kann in vielen Fällen zu einem friedlicheren Ableben beitragen. Die natürliche Dehydration am Lebensende ist ein physiologischer Prozess und nicht zwangsläufig mit Leiden verbunden. Stattdessen kann sich der Fokus auf eine umfassende Schmerz- und Symptomkontrolle durch andere Maßnahmen wie feuchte Kompressen, regelmäßige Mundpflege und die Gabe von Medikamenten gegen Übelkeit und Trockenheit legen. Diese Maßnahmen können die Lebensqualität in den letzten Stunden und Tagen deutlich verbessern, ohne den Körper unnötig zu belasten.
Letztendlich ist die Entscheidung für oder gegen Infusionen eine hochpersönliche und ethische Frage, die individuell und im Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren abgewogen werden muss. Der Fokus sollte stets auf dem Wohlbefinden und der Würde des Sterbenden liegen, nicht auf der Vermeidung jedes einzelnen Symptoms. Eine offene und ehrliche Kommunikation zwischen allen Beteiligten ist hierbei unerlässlich.
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