Kann man psychische Krankheiten an den Augen erkennen?

12 Sicht

Forschende des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie haben einen Zusammenhang zwischen Pupillengröße und Schwere von Depressionen entdeckt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Ausprägung der Pupillenreaktion einen Rückschluss auf die depressive Symptomatik ermöglicht.

Kommentar 0 mag

Kann man psychische Krankheiten an den Augen erkennen? – Ein Blick in die Forschung

Die Aussage, man könne psychische Krankheiten allein an den Augen erkennen, ist eine Vereinfachung und im Allgemeinen falsch. Es gibt jedoch vielversprechende Forschungsergebnisse, die zeigen, dass bestimmte physiologische Merkmale der Augen, insbesondere die Pupillenreaktion, Hinweise auf das Vorliegen und die Schweregrad psychischer Erkrankungen liefern können. Der Glaube an eine einfache visuelle Diagnose ist jedoch trügerisch.

Ein viel zitierter Forschungsansatz konzentriert sich auf die Pupillometrie, die die Messung der Pupillengröße und -reaktion untersucht. Forschende des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie beispielsweise haben einen Zusammenhang zwischen der Pupillengröße und der Schwere von Depressionen festgestellt. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass die Art und Weise, wie sich die Pupillen auf Reize reagieren, einen Rückschluss auf die Ausprägung der depressiven Symptomatik zulässt. Ein kleinerer Pupillendurchmesser oder eine abgeschwächte Reaktion auf Lichtreize könnten ein Indikator für eine schwerere Depression sein. Dieser Zusammenhang ist jedoch nicht deterministisch; nicht jeder mit einer kleinen Pupille leidet an einer Depression, und nicht jeder Depressive weist diese Auffälligkeit auf.

Die zugrundeliegenden Mechanismen sind komplex und noch nicht vollständig verstanden. Vermutet wird, dass Veränderungen im autonomen Nervensystem, das unter anderem die Pupillenreaktion steuert, eine Rolle spielen. Stress, Schlafentzug und hormonelle Ungleichgewichte – allesamt Faktoren, die bei psychischen Erkrankungen eine Rolle spielen – beeinflussen die Aktivität des autonomen Nervensystems und können somit auch die Pupillenreaktion verändern.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Pupillenreaktion allein keine Diagnose erlaubt. Sie kann lediglich als ein ergänzendes diagnostisches Instrument dienen, das in Verbindung mit anderen klinischen Befunden und psychometrischen Tests eingesetzt werden kann. Die Interpretation der Pupillenreaktion erfordert spezialisierte Kenntnisse und die Berücksichtigung weiterer Faktoren wie Alter, Medikamenteneinnahme und allgemeine Gesundheit des Patienten.

Weitere Forschung konzentriert sich auf die Anwendung der Pupillometrie bei anderen psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Schizophrenie und Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Erste Ergebnisse deuten ebenfalls auf mögliche Zusammenhänge hin, jedoch ist der Forschungsstand hier noch weniger ausgereift als bei Depressionen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Obwohl die Forschung vielversprechende Ergebnisse liefert, die einen Zusammenhang zwischen bestimmten Augenmerkmalen und psychischen Erkrankungen aufzeigen, ist es derzeit nicht möglich, psychische Krankheiten allein an den Augen zu erkennen. Die Pupillometrie und ähnliche Methoden stellen lediglich einen vielversprechenden Baustein in der komplexen Diagnostik dar und sollten immer im Kontext eines ganzheitlichen diagnostischen Vorgehens betrachtet werden. Eine zuverlässige Diagnose erfordert weiterhin eine umfassende Anamnese, klinische Untersuchung und gegebenenfalls weitere diagnostische Verfahren.